
Interview mit Ladies-Walk-on-Coach Sebastian Herrmann
Wie fällt Dein generelles Fazit zur Saison aus?
Eine überragende Saison mit einem Ende, das wir uns alle erträumt haben. Die Ladies haben nicht nur Football gespielt, sondern sind als Einheit gewachsen – sportlich, menschlich und mental. Für mich steht fest: Das war kein Zufallserfolg, sondern das Ergebnis harter Arbeit, gegenseitigem Vertrauen und dem unbedingten Willen, besser zu werden.
Wie hast Du das Rückspiel gegen Trier erlebt?
Ganz ehrlich: Schon am Spieltag morgens um kurz nach 5 Uhr, direkt nach dem Aufstehen, war ich überzeugt, dass wir das Ding holen. Ich war so motiviert, dass ich die Mädels mit einem selbst geträllerten „Madden“-Intro genervt habe. Im Spiel selbst hat man gesehen: Das Team hat sich nichts geschenkt, war physisch da, hat mit Herz gespielt und sich nicht beirren lassen. Für mich war es ein Beweis, dass wir in den entscheidenden Momenten den Charakter hatten, ein Finale auch zu dominieren.
Was hätte in diesem Spiel besser laufen können und was hat Dir gefallen?
Verbesserungspotenzial gab es vor allem bei den Conversions – da haben wir Punkte liegen lassen, die uns das Spiel enger gemacht haben, als es eigentlich hätte sein müssen. Aber das gehört zum Football: Fehler sind Teil des Spiels, entscheidend ist die Reaktion darauf. Was mir gefallen hat: Unsere Defense hat konsequent die Big Plays verhindert, die Offense hat lange Drives gespielt und in wichtigen Phasen abgeliefert. Kurz gesagt: Wir haben als Ganzes funktioniert – jeder hat seinen Job gemacht, genau das ist Championship-Football.
Was konntest Du an Erfahrung aus dem GFL2-Team einfließen lassen?
Vor allem die Professionalität im Detail: das Lesen von Keys, die Arbeit an Technik und Disziplin in jeder einzelnen Wiederholung. Aus dem GFL2-Bereich bringe ich eine gewisse Konsequenz mit, die den Unterschied macht – weil sie Spielerinnen zeigt, wie nah man dem nächsten Level kommen kann, wenn man Coachability mitbringt. Und ich war nicht alleine: Mit Daniel Jakowlew, unserem Cornerback aus dem GFL2-Team, hatten wir zusätzlich jemanden, der nicht nur auf hohem Niveau spielt, sondern auch als Coach für die Ladies enorm wichtig war. Gerade bei den DBs hat er Impulse gegeben, die sofort Wirkung gezeigt haben. Dabei war mir immer wichtig: Football ist geschlechtsunabhängig. Ich habe die Ladies nie anders gecoacht als die Herren. Was zählt, ist: Bist du coachable oder nicht? Selbst wenn ich als Dummy auf dem Feld stand, habe ich gespielt, als wäre ich selbst noch aktiv. Klar, im ersten Moment war das für einige ungewohnt – aber mir war wichtig: Sobald die Mädels verstehen, warum sie Dinge so machen wie sie sollen, werden sie besser als je zuvor. Und ja, es sorgt immer wieder für Diskussionen, wenn andere Teams oder Coaches sagen, wir würden Football „zu ernst nehmen“, weil wir härter spielen, als sie es gewohnt sind. Ganz ehrlich: Das ist für mich eher lustig. American Football ist und bleibt ein Kontaktsport. Nur weil andere eine andere Philosophie haben oder weniger intensiv trainieren, ändert das nichts an der Natur dieses Sports. Man sieht einfach direkt, wer Football liebt, lebt und wirklich verinnerlicht. Aber: Football sollte man niemals persönlich nehmen. Leider habe ich auch gesehen, dass manche Gegner nach einem Spiel nicht einmal den Anstand hatten, abzuklatschen. Das ist enttäuschend, denn Football ist für mich der fairste Sport überhaupt – härter, ehrlicher, respektvoller als jeder andere. Umso stolzer macht es mich, dass unsere Ladies und unsere Coaches auf einem ganz anderen, positiven Level unterwegs sind. Genau das spiegelt unser Team wider: Fairness, Leidenschaft, Zusammenhalt – on und off the Field.
Wie wichtig ist die Motivation in einem Ladies-Team?
Motivation ist nicht nur wichtig – sie ist die Grundlage für alles. Gerade in einem Ladies-Team, in dem oft weniger Tiefe im Roster herrscht als bei den Männern, muss jede Spielerin das Feuer in sich tragen und bereit sein, über Grenzen zu gehen. Technik und Taktik kann man lernen, aber Herz, Leidenschaft und Zusammenhalt entscheiden darüber, ob man Meister wird oder nicht. Dieses Jahr haben die Ladies gezeigt: Sie bringen all das mit – und deshalb stehen sie ganz oben.
