von Andre Huber
Von der Aerodynamik eines geöffneten Kleiderschrankes
Als wir Mitte der 1980er Jahre die Wiesbaden Phantoms ins Leben riefen, mussten wir natürlich irgendwie zum Training nach Wiesbaden kommen. „Wir“, damit meine ich die Taunussteiner Mitgründer, die allesamt noch kein Auto hatten. Aber wir hatten 80er – für alle Leser unter 40 sei erklärt, dass diese sogenannten Leichtkrafträder mit 80ccm und zum Teil deutlich weniger als zehn PS schon mit dem 1b Führerschein ab 16 Jahren zu fahren waren. Sie waren also beliebt…
Doch wohin mit der Ausrüstung und dem Footballhelm?
Die scheinbar einfachste Lösung war, den Helm anstatt des Motorradhelms zu tragen. Zu zweit und mit zwei riesigen Sporttaschen erreichten wir zwar die Aerodynamik eines offenen Kleiderschranks und die Fahrdynamik einer zweirädrigen Badewanne, aber wir mussten ja irgendwie zum Training. Völlig überraschend erwies sich das Helmgitter im Fahrtwind als völlig ungeeignet. Leicht zu erkennen an den konstant tränenden Augen.
Doch damit nicht genug, denn auch jegliche zum Flug fähigen Insekten missachteten das massive Stahlgitter zum Schutz unseres Gesichts und strebten alle zur Verfügung stehenden Gesichtsöffnungen zielsicher an, um dort zu sterben. Nichtsdestotrotz sind wir immer gut angekommen.
Michael Wiegand sagte mir, ich solle doch bitte ein Bild mit aufgesetztem Helm an diese Anekdote anhängen, aber das musste ich kategorisch ablehnen. Der Grund hierfür sind die Backenpolster meines inzwischen über 35 Jahre alten Helms.
Nein, ich bin nicht zu dick!!! Im Gegenteil: Die Polster waren damals nur in einer Stärke zu bestellen und die waren zu schmal für mich. Also ganz der Handwerker, der ich nie geworden wäre, nahm ich einfach etwas Schaumstoff und Panzerband und verstärkte die Teile.
Wie ihr alle wisst, ist unser Sport durchaus schweißtreibend und Schaumstoff sehr saugfähig. Die ekligen Details erspare ich euch… Kurz: der Helm ist im Originalzustand unaufsetzbar. (Wie ich das 1999 im Spiel des Allstarteams gegen die damals erste Mannschaft ignorieren konnte, weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich war ich einfach zu geil darauf, wieder durchs Gitter schauen zu dürfen. Und außerdem ist das ja auch schon wieder 23 Jahre her…) Aber: Das Shirt, das ich auf den Fotos trage, ist das Original von vor 37 Jahren. Das war bei jedem Spiel unter dem Shoulderpad. Nicht, dass es noch passen würde, aber es hat die Fotos überlebt.
Fotos aus der Anfangszeit der Wiesbaden Phantoms sind online im Fotoarchiv www.lichtbildwerkstatt.net von Howards Fuhs zu finden!